Mein Rosemary Old Fashioned - Ein Krisenrezept

 

Naaaa?! Fliegt ihr schon um die Lampe?

 

Erschöpft vom Blockflöte üben und von der Selbstoptimierung? Im Rahmen meiner Ratlosigkeit habe ich mir nun dieses statthafte Leiberl von meinem Liebling Stefanie Sargnagel über das eindrucksvolle Sixpack gezogen und klecker' meinen Lieblingsdrink drauf.

 

Der geht so:

 

1. Rosmarinzweiglein rin in den Tumbler.

2. 4cl Bourbon druff plempern.

3. 2cl Cointreau dazu kleckern.

4. 1 Prise Safransalz.

5. 1-2 Spritzer Angostura auf die Eisklötze nieseln.

 

Empfehle die Familienpackung dieser Tage. Wenn ich damit fertig bin, verrate ich Christian Drosten vielleicht, wie man einen Impfstoff aus Playmobil baut. Bis dahin gilt für euch: wie abgebildet weitertrinken, gesund bleiben, kyrillisch lernen!

 

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Geschmackssinniges, April 2020.

 

Food for the Eyes (C/O Berlin)

 

 

Ordnungsliebhaber*innen können sich in der C/O Berlin über die Schönheit unvollkommener Tomaten wundern, sich nach halbdezentem Ablecken imposanter Speiseeis-Photographien vom Sicherheitspersonal abmahnen lassen oder Frauen mit Zitronen auf dem Kopf anhimmeln statt sich über das libidoeske Wurst-Frauen-Sauerkraut-Sujet von Sexismus-Gewährsmann Guy Bourdin zu empören. Im Anschluss lässt es sich angenehm ausgehungert in die Feinkostabteilung des KadeWe einfallen.

 

Ausstellung "Food for the Eyes" 08.06.19 - 07.09.19 in der C/O Berlin.

 

Geschmackssinniges, August 2019

 

Das Ei

 

 

Ein Ei.

Ist Ei-nerl-ei.

Das Ei. Ist in Ei-le.

All-Ei-ne.

Gem-Ei-n-sam.

Was war zuerst da?

Das Ei oder das Ei-nerl-ei?

 

Geschmackssinniges, Ostern 2019

 

Von weihnachtlicher Weltrettung, veganen Superheld*innen und Suff im Dessert

 

 

Ein veganer Advents-Muffin und sein angetrunkenes Orangen-Karamell

 

Ich nehme meine Genussfreudigkeit sehr ernst. Ich nehme aber auch Chlorophyllhaltiges wie die Umwelt (Favorit*innen

sind hier: Bäume), Welterschöpfung und Nachhaltigkeit sehr ernst. Ich versuche daher jene Genussfreudigkeit möglichst klimafreundlich in den Griff zu bekommen und meinen ökologischen Fußabdruck tunlichst kleinzuhalten:

 

Kein Auto. Check.

 

Keine Flugreisen. Check.

 

Ein Konsumverhalten, bei dem ich weder Tiere noch Schnäppchen jagen muss und mich in Plastikvermeidung übe. Check.

 

Keine ressourcenverbrauchende Nachkommenschaft. Check.

 

Ich bin keine strenge Veganerin. Semi-Check.

 

Ich bin noch nicht einmal konsequente Vegetarierin. Mitleids-Check.

 

Ich interessiere mich allerdings sehr für diese Variante von Food-Revolution - und das nicht nur, weil ich damit die Attraktivität meines Organspendeausweises erhöhe und meinen Hund beeindrucke, sondern auch, weil vegan durchaus Mouth Feeling kann, wenn es gut gemacht ist. Zur Weihnachtszeit will sowas niemensch hören, ich weiß.

Mit angeschaltetem Weltrettungsmodus scanne ich trotzdem nach veganen SchickiMicki-Speisewirtschaften und stelle fest, dass im Fine-Dining-Bereich noch viel zu wenige existieren, die sich konzeptionell vegetarisch oder vegan aufstellen, auch wenn die meisten Sterne-Restaurants mittlerweile ein vegetarisches Menü anbieten. Das Tian in Wien und das Kopps in Berlin sind an dieser Stelle lobbehudelt zu erwähnen, aber gerade in traditionell etwas unbeweglichen Gourmet-Kreisen, bleibt die gerechtfertigte Bebauchpinselung fatalerweise oftmals aus. Ein veganes Sternerestaurant mit einer Chefköchin am Herd – das wäre die Ausgeburt meiner kühnen Zukunftsfantasie, aber es ist ja erst 2018.

Was bedeutet das? Abwarten und selbst kochen. Und da nimmt uns Kreativ-Wonderwoman und "vegan Rockstar" Sophia Hoffmann mit küchenfachlicher Expertise an die Hand. Bei ihrem veganen Weihnachtsdinner 2017 in Berlin hat mich vor allem das Dessert überzeugt: Haselnuss-Lebküchlein mit Dattel-Orangen-Karamell. Ich habe es an Weihnachten gleich nachgebacken. Das Rezept findet ihr auf Frau Hoffmanns sexy Homepage unter folgendem Link:

 

http://sophiahoffmann.com/sophias_rezept/veganes-weihnachtsmenu-2017-haselnuss-kuchlein-mit-dattel-karamell/

 

Am Rezept habe ich nicht viel geändert, am Weihnachts-Konzept dafür Einiges. Ans Karamell noch heimlich Orangenlikör für die weihnachtlich roten Suff-Bäckchen und auf den Advents-Muffin essbare Rosenblütenblätter und irgendwas mit Gold für den Festtagszinnober. Und schon ist Weihnachten. Tadahh!

 

Danke, Backofen. Danke, Sophia.

 

Geschmackssinniges, Dezember 2018

 

Von Horrorpflanzen, hungrigen Großstadtkindern und Chlorophyll-Unverträglichkeit

 


 

Ein Wildkräutersalat aus der Uckermark

 

„Ja, wirklich, Vati! Und dann hatten alle Bauchschmerzen, weil wir Unkraut gegessen haben!“. So ungefähr klingen versehentlich mitgehörte Telefonate großstadtsozialisierter Jugendlicher, die selbst gepflückte Nahrungsmittel zu sich genommen haben. Eigentlich wollte ich den Teilnehmenden der Botanikexkursion in die Uckermark lediglich praktische Zubereitungstipps für die selbst gesammelten Kräuter an die vom Brennesselkampf aufgepustelte Hand geben und ihnen damit einen lebensweltnahen Zugang zu ihrer botanischen Umgebung eröffnen. (Anmerkung der Redaktion: Der Begriff „Kräuter“ meint hier nicht die landläufige Vorstellung von blassen, tragisch herabhängenden Basilikumpflänzchen, die in lieblosen Plastikeimerchen in Supermärkten gefangen gehalten werden, sondern er soll in seiner ursprünglichen Bedeutung von „krautige Pflanze“ verstanden werden, die nahezu überall herumsteht, essbar ist und dazu noch ziemlich Superfood-ähnliche Heilwirkungen hat.) Vor allem Pflanzendiskriminierung durch Worte wie „Unkraut“ sollte in diesem Rahmen aus dem kollektiven Gedächtnis gestrichen werden.

Für die didaktische Idee jede im Salat enthaltene Wildpflanze von den Teilnehmenden während des gemeinsamen Abendessens vorstellen zu lassen, hatte ich mir selbst an diesem Abend mehrmals auf die Schulter geklopft. Für die Idee, auf die ich nicht kam, nämlich die von den Jugendlichen konsultierten Internetquellen zu überprüfen, möchte ich mich noch heute ohrfeigen: in der Regel wurde die erste Seite, die von der Suchmaschine nach Stichwortsuche vorgeschlagen wurde, als Verlautbarung einer naturgegebenen Wahrheit anerkannt. Ungefähr nach der sechsten krebserregenden, leberschädigenden und hochtoxischen Horrorpflanze, meldete sich eine spitzfindige Teilnehmerin zu Wort: „Sagen Sie, haben wir das nicht gerade alles gegessen?!?“. Ich lächle und entgegne: „Ja, haben wir.“ Ich bin mir nicht sicher, ob es meine furchtlos ehrliche Antwort auf diese furchtlos ehrliche Frage war, die in der Folge psychosomatische Vergiftungserscheinungen auslöste; darunter halluzinogene Wahnvorstellungen (irgendwas mit krebserregenden, leberschädigenden, hochtoxischen Horrorpflanzen, die unser uckermärkisches Domizil überwuchert hatten und uns erbarmungslos verschlingen wollten) oder ob es tatsächlich eine medizinisch anerkannte Chlorophyll-Unverträglichkeit bei geschmacksverstärkerverwöhnten Großstadtjugendlichen gibt. Geschmeckt hat es trotzdem.

Tipp: 10 Liter frisch gekochter Brennesseltee aus brandenburgischen entgiftenden Brennesseln kann bei oben genannten Symptomen wahre Wunder bewirken.

 

Zutaten:

 

Große Brennessel (Urtica dioica)

Gewöhnliche Schafgarbe (Achillea millefolium)

Rotklee (Trifolium pratense)

Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia)

Weißklee (Trifolium repens)

Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare)

Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus)

Knollen-Platterbse (Lathyrus tuberosus)

Spitzwegerich (Plantago lanceolata)

Breitwegerich (Plantago major)

 

Geschmackssinniges, Juni 2018



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